Zukunftsräume und kommunale Identitätsanker schaffen!

Die Zukunft der Innenstädte und Ortszentren wird nicht allein durch den Einzelhandel bestimmt, sondern durch eine attraktive Mischung von Angeboten und Nutzungen.

Bild: scholty1970 (Pixabay)

Wir haben die Landesregierung mit einem Antrag aufgefordert, gemeinsam mit den Kommunen strategische und konzeptionelle Handlungsgrundlagen für die zukunftsgerechte Entwicklung und Neuaufstellung der Innenstädte und Ortszentren in Schleswig-Holstein voranzubringen. Klares Ziel muss sein, sich durch städtebauliche und räumliche Entwicklungen dem immer stärker sichtbaren Negativ-Trend für die Innenstädte und Ortszentren entgegenzustellen.

Unsere Ideen für eine zukunftsgerechte Innenstadt:

  1.  Die Zukunft der Innenstädte und Ortszentren wird nicht allein durch den Einzelhandel bestimmt, sondern durch eine attraktive Mischung von Angeboten und Nutzungen. Es braucht eine kluge Verbindung von Wohnen, Kultur, Gastronomie und Handwerk, Dienstleistungen und sozialen Angeboten, Mobilität und Verkehr, Stadtgestaltung und Baukultur, Erholungs- und Grünflächen. Eine Stärkung der Funktionsvielfalt des Zukunftsraumes Ortszentrum kann dabei nur über breite Beteiligung, Mitwirkung und Öffentlichkeitsarbeit erreicht werden.
  2. Die Investitionen in die Innenstädte und Ortszentren müssen gestärkt werden. Kluge Konzepte und mit ihnen verbundene Investitionen können dafür sorgen, dass wieder zunehmend auch private Investitionen ausgelöst werden. Hierfür gibt es bereits zahlreiche Erfolgsbeispiele wie den Kleinen-Kiel-Kanal, den Großflecken in Neumünster oder die Stadtentwicklung in Eutin. Um das zu erleichtern, müssen die  bestehenden Möglichkeiten der Städtebauförderung ausgeschöpft und gegebenenfalls erweitert werden. Das Gesetz über die Einrichtung von Partnerschaften zur Attraktivierung von City-, Dienstleistungund Tourismusbereichen aus dem Jahr 2006 muss zudem aktualisiert werden.
  3. Die Aufenthaltsqualität in den Innenstädten und Ortszentren kann durch mehr sogenannte „Dritte Orte“ gesteigert werden. Neben dem Zuhause (Erster Ort) und dem Arbeitsplatz (Zweiter Ort) sind dies Lebensräume, an denen sich Menschen vorübergehend zu Hause fühlen und sich vor allem in ihrer Freizeit gerne und häufig aufhalten. Das können und müssen der Handel und die Gastronomie nicht alleine leisten. So können auch öffentliche Orte wie z.B. Bibliotheken und Kunst- oder Sozial-Cafés mit günstigen Preisen und hoher Aufenthaltsqualität einen Beitrag leisten und für viele Besucherinnen und Besucher auch von außerhalb als Magnet wirken.
  4. Die Städte und Gemeinden dürfen mit der Aufgabe, ihre Zentren zu beleben, nicht alleine gelassen werden. Die Landesregierung muss deshalb eine Beratungsstruktur für die Innenstadt- und Ortskernentwicklung schaffen, die bei der städtebaulichen Neuausrichtung berät und unterstützt. Diese soll auch die für den Erfolg jeder Maßnahme unerlässliche Beteiligung der Bürgerinnen und Bürgern begleiten und unterstützen. Die bereits vorhandenen StadtmarketingInitiativen müssen zudem gestärkt und weiter vernetzt werden.
  5. Online und Offline schließen sich in modernen Stadt- und Ortszentren nicht aus. Denn auch viele kleinere, lokale Einzelhändler verfügen gemeinsam über eine erhebliche Marktmacht. Die hohe Qualität und Kompetenz vor Ort muss stärker gebündelt und mit einer höheren Online-Kompetenz verbunden werden. Das Land muss deshalb – nicht zuletzt aus der Erfahrung der Corona-Krise – Initiativen für kooperative Online-Portale lokaler Unternehmen unterstützen, auf denen diese sich gemeinsam präsentieren und ihre Waren und Dienstleistungen online auch zur Lieferung und Abholung anbieten können. So können viele kleine Unternehmen gemeinsam ihre Reichweite erheblich steigern und am Markt als lokale Anbieter teilhaben. Darüber hinaus ist auf allen politischen Ebenen zu prüfen, wie die Benachteiligungen des lokalen Einzelhandels gegenüber dem Online-Handel bei der Besteuerung und in den Tarifstrukturen aufgehoben werden können.
  6. Hohe Mieten, Leerstände und Spekulationsobjekte machen Innenstädte und Ortszentren für neue Ansiedlungen unattraktiv. Um dieser Entwicklung zu begegnen, brauchen der Einzelhandel und Gastronomie Unterstützung bei den Verhandlungen mit Vermietern. Das Ziel ist, eine Mietpartnerschaft zwischen Gewerbetreibenden, Mietern und Vermietern für die Innenstädte und Ortszentren zu erreichen. Dabei hilft die Einführung von Mietspiegeln auch für den Einzelhandel. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, leerstehende Objekte nach einem Jahr für öffentliche Zwecke wie Ausstellungen oder Versammlungsräume zu nutzen.
  7. Um diese vielfältigen Aufgaben bewältigen zu können, bedarf es auch einer angemessenen finanziellen Ausstattung der Kommunen. Die Aufgabe der Reaktivierung, Neugestaltung und Stärkung der Innenstädte und Ortszentren muss daher auch in den Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen Niederschlag finden und sich auch im FAG wiederspiegeln.

Innenstädte und Ortszentren stehen schon lange unter Druck. Leerstände, zurückgehende Besucherzahlen und einbrechende Umsätze stellen den lokalen Einzelhandel, die Gastronomie und Dienstleister in den Zentren vor wachsende Herausforderungen. Die Entwicklung hat sich durch die Corona-Krise und geplante Schließungen großer Filialbetriebe noch weiter verschärft.

Dadurch wächst die Gefahr, dass Innenstädte und Ortszentren ihre wichtige Funktion als Aufenthalts-, Begegnungs- und Erlebnisraum verlieren. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Neben einer Verlagerung in größere Einkaufszentren in der Peripherie tragen unter anderem ein geändertes Konsumverhalten, die weiter wachsende Bedeutung des Online-Handels und vielerorts anhaltend hohe Gewerbemieten und Spekulationsobjekte zum NegativTrend für die Innenstädte und Ortszentren bei.

Die Entwicklung der vergangenen Jahre und Jahrzehnte betrifft dabei Städte und Gemeinden unterschiedlicher Größe, Struktur und aus allen Regionen des Landes gleichermaßen – von den ländlichen Gemeinden über die Klein- und Mittelstädte bis hin zu den Großstädten. Dieser Entwicklung muss Rechnung getragen werden.

„Es braucht eine Trendwende für die Zentren unserer Städte und Gemeinden, damit sie als Zukunftsräume, als Wohn- und Lebensräume, Zentren der Wirtschaft, des Handels und des Tourismus sowie als kommunale Identitätsanker erhalten, wiederbelebt und ausgebaut werden können.“ Serpil Midyatli

Hierzu ist eine Fülle verschiedener Maßnahmen notwendig, um jeweils vor Ort passende Lösungen zu entwickeln. Das Land darf die Kommunen dabei nicht alleine lassen.

 

Die Landtagsrede von Serpil Midyatli finden Sie hier als Video:

Perspektiven für Innenstädte – Serpil Midyatli – 27.08.2020 auf Youtube

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